DDR-Fußball

Aus der Chronik des Deutschen Fußballverbandes der DDR (DFV)

Nach Ende des 2. Weltkrieges im Mai 1945 führte die Teilung Deutschlands zu unterschiedlichen Entwicklungen bei der Wiederbelebung des Fußballs.

In der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) vollzog sich die Neugestaltung zuerst unter der sowjetischen Militäradministration, später in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) unter dem Einfluss staatlicher Stellen und der staatsführenden Partei, der SED.

Der Fußballverband war weitestgehend ausführendes Organ des Deutschen Turn- und Sportbundes (DTSB).

Der Aufbau neuer Fußballstrukturen verlief im Wesentlichen zweigleisig. Parallel zu den kommunalen Sportgemeinschaften bei den Kreissportämtern bildeten sich 1947 Sportgruppen bei den antifaschistischen Jugendausschüssen.

Unter der Schirmherrschaft der Freien Deutschen Jugend (FDJ) und des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB) begann die Bildung von Betriebssportgemeinschaften (BSG).

Nachdem 1948 die Beschränkung des Sportverkehrs auf Kreisebene aufgehoben wurde, ermittelten die jeweils zwei besten Mannschaften der fünf Länder im K. o.-System den Ostzonenmeister. Am 04.07.1948 besiegte die SG Planitz die SG Freiimfelde Halle mit 1:0 und wurde erster Titelträger.

1949/50 wurde auf Beschluss des Deutschen Sportausschusses eine zentrale Spielklasse Fußball, die „Zonenliga“, später die „DS-Liga“ und schließlich die „DDR-Oberliga“ nach geographischen Grundsätzen eingeführt, in der alle fünf Länder vertreten waren.

Am 01.05.1949 wurde Helmut Schön, Spielertrainer der SG Dresden-Friedrichstadt, zum Trainer der Ostzonenauswahl berufen.

Der erste Pokalsieger wurde am 28.08.1949 ermittelt. Die BSG Waggonbau Dessau besiegte die BSG Gera Süd mit 1:0.

Am 16.04.1950 fand das erste Finale um den Fußballmeister der DDR statt, in dem die BSG „Horch“ Zwickau die SG Dresden-Friedrichstadt mit 5:1 besiegte.

Am 03.07.1950 konstituierte sich der Fachausschuss Fußball. Leiter wurde der Leipzig-Leutzscher-Ex-Auswahlspieler Fritz Gödicke. Das neue Gremium beschloss die Spielklasseneinteilung 1950/51 mit einer DDR-Oberliga (18 Mannschaften) und zwei Zweitliga-Staffeln (je 10 Mannschaften) sowie einer Jugendliga (18 - 21 Jahre), die die Vorspiele der Oberliga bestritten.

Auf dem FIFA-Kongress während der Olympischen Spiele 1952 in Helsinki wurde die Sektion Fußball der DDR als Mitglied aufgenommen.

Mit der Umstrukturierung des Staatsaufbaus in der DDR mit 14 Bezirken und 217 Kreisen erfolgte auch die Umorganisation der Fußballstrukturen. Bezirks- und Kreisfachausschüsse und u. a. 15 Bezirksligen mit 180 Mannschaften wurden gebildet.

Nach mehreren inoffiziellen Vergleichen fand am 21.09.1952 das erste offizielle Länderspiel der DDR in Warschau statt. Polen gewann 3:0.
 
1953 trafen sich in Berlin Vertreter der Sektion Fußball mit Vertretern des DFB zur Bildung eines Arbeitsausschusses für die Durchführung einer gemeinsamen Meisterschaft.

Eine Sportkonferenz beschloss 1954 die Konzentration der besten Fußballer in Sportclubs. In die Meisterschaft 1954/55 starteten 10 der 14 Oberligisten als Sportclubs mit besonderen Rechten (u. a. erleichterte Spielerwechsel, bessere materielle Ausstattung).
 
Die Sektion Fußball der DDR gehörte am 15.06.1954 in Basel zu den 29 Gründern der UEFA.

Im 7. Länderspiel gelang der DDR-Auswahl am 18.09.1955 der 1. Sieg mit einem 3:2 in Bukarest über Rumänien.

Höhepunkt der populären Ost-West-Vergleiche wurde das Spiel SC Wismut Karl-Marx-Stadt gegen den 1. FC Kaiserslautern vor 110.000 Zuschauern im neuerbauten Leipziger Zentralstadion. Der 1. FC Kaiserlautern gewann 5:3.

Der SC Wismut Karl-Marx-Stadt nahm 1957 als erste Mannschaft des DFV am Europapokal der Landesmeister teil.

Am 17./18.05.1958 wurde in Berlin der Deutsche-Fußball-Verband (DFV) der DDR gegründet. 1. Präsident wurde Kurt Stoph.

Im Hinblick auf das olympische Fußballturnier 1960 unterliegt die DFV-Auswahl in zwei Vergleichen der Amateurauswahl des DFB mit 0:2 in Ostberlin und 1:2 in Düsseldorf. Zuschauer waren nicht zugelassen.

Auf dem II. Verbandstag des DFV am 29./30.04.1961 schied Kurt Stoph aus dem Amt des Präsidenten aus. Neuer Präsident wurde Helmut Riedel.

Nach dem Mauerbau am 13.08.1961 kam es zu einer zeitweiligen Unterbrechung der Kontakte DFV - DFB. Zu Spielen in NATO-Länder erhielten DDR-Teams keine Einreise.

Der DFB und der DFV einigten sich 1962 auf Ausscheidungsspiele für eine gemeinsame deutsche Olympia-Mannschaft.

Am 02.06.1963 kam Englands Nationalmannschaft zum ersten Länderspiel nach Leipzig und gewann vor 40.000 Zuschauern 2:1.

Die innerdeutsche Olympia-Ausscheidung 1963 gewann die Auswahl der DDR nach einem 3:0 Sieg in Karl-Marx-Stadt und einer 1:2 Niederlage in Hannover gegen die Auswahl des DFB.

Die DDR-Elf gewann am 24.10.1964 in Tokio nach einem 3:1 Erfolg über die VAR Ägypten die Bronzemedaille für die gemeinsame deutsche Mannschaft.

Die U 18-Auswahl der DDR gewann erstmals das UEFA-Turnier. Sie besiegte am 24.04.1965 im Endspiel in Essen England mit 3:2.

Auf Beschluss des DTSB am 16.08.1965 wurden 10 Fußballclubs gebildet. Aus den allgemeinen Sportclubs wurden die Fußballsektionen herausgelöst.

Das IOC beschloss am 12.10.1968 die vollständige Gleichberechtigung des NOK der DDR. Die FIFA erkannte daraufhin dem DFV die offizielle Bezeichnung „Fußball-Verband der Deutschen Demokratischen Republik-DFV der DDR“ zu.

Die U 18-Juniorenauswahl des DFV wurde beim UEFA-Turnier in Leipzig durch Losentscheid im Finale gegen Bulgarien am 26.05.1969 nach einem 1:1 n. V. Silbermedaillengewinner.

Am 25.05.1970 gewann die U 18-Juniorenauswahl in Schottland das UEFA-Turnier. Nach einem 1:1 n. V. im Endspiel gegen England entschied das Los zugunsten der DDR-Auswahl.

DFV-Präsident Helmut Riedel wurde auf dem FIFA-Kongress 1970 in Mexiko-City in das Exekutiv-Komitee gewählt und wurde verantwortlich für das Schiedsrichterwesen.

Rudi Glöckner (Markranstädt) leitete als erster deutscher Schiedsrichter am 21.06.1970 ein WM-Endspiel: Brasilien - Italien in Mexiko-City.

1971 wurden auf der Grundlage der Richtlinien des DTSB im Fußballverband schrittweise 196 Trainingszentren errichtet. Gleichzeitig wurde mit der Einschulung der 13-jährigen Talente in die Kinder- und Jugendsportschulen begonnen.

Die DDR-Vertretung nahm erstmalig an einer Fußball-Weltmeisterschaft teil. Im Vorrundenspiel der Gruppe 1, während der Weltmeisterschaft in der Bundesrepublik Deutschland, besiegte sie am 22.06.1974 in Hamburg den späteren Weltmeister Deutschland mit 1:0.

Die Olympiaauswahl der DDR gewann am 10.09.1972 in München nach einem 2:2 n. V. gegen die UdSSR gemeinsam mit der sowjetischen Mannschaft die Bronzemedaille.

Als einziger DFV-Club gewann der 1. FC Magdeburg einen Europapokal. Im Wettbewerb der Pokalsieger besiegte er am 08.05.1974 in Rotterdam den AC Mailand mit 2:0.

Helmut Riedel teilte auf Druck von DTSB-Präsident Ewald am 03.12.1974 seinen Rücktritt als DFV-Präsident und FIFA-Exekutivmitglied aus „persönlichen und gesundheitlichen Gründen“ mit.

Das DFV-Präsidium wählte Günter Schneider zum Präsidenten.

Die DDR-Olympia-Elf gewann in Montreal die Goldmedaille. Sie bezwang am 31.07.1976 im Endspiel Polen mit 3:1.

Neu eingeführt wurde eine Nachwuchs-Oberliga (U 21). In einer Junioren-Liga (U 17/U 18) und einer Jugend-Liga (U 15/U 16) spielten Vertretungen der Elf Fußballclubs um den Meistertitel.

Günter Schneider wurde auf dem UEFA-Kongress am 22.04.1978 in Istanbul in das Exekutivkomitee der UEFA gewählt.

Die Nachwuchsauswahl U 21 wurde 1978 Vize-Europameister. Sie unterlag Jugoslawien in den Finalspielen mit 0:1 und 4:4.

Der DFV richtete zum zweiten Mal das UEFA-Turnier U 18 vom 18. - 25.05.1980 aus.

Bei den Olympischen Spielen in Moskau gewann die DDR-Vertretung die Silbermedaille. Sie unterlag im Finale der CSSR am 02.08.1980 mit 0:1.

In der Nachwuchs-EM unterlag die DFV-Vertretung am 20.05.1980 im Finale der UdSSR mit 0:1.

Die Nationalmannschaft verlor das 200. Länderspiel am 02.05.1981 in Chorzow gegen Polen mit 0:1.

Vom 27.- 28.04.1982 war der DFV Ausrichter des UEFA-Kongresses in Dresden.

Auf einer Außerordentlichen Präsidiumssitzung des DFV am 05.02.1983 wurde eine neue Leitung eingesetzt. Präsident wurde Prof. Dr. Günter Erbach, Günter Schneider wurde Vizepräsident. Der neue Generalsekretär Karl Zimmermann war zugleich Vizepräsident des DTSB und wurde somit mit größerer Entscheidungsbefugnis ausgestattet.

Die Olympia-Elf gewann 1984 die Qualifikation für die Olympischen Spiele in Los Angeles. Wegen des Boykott-Beschlusses durfte sie beim Olympischen Turnier nicht starten.

Die Junioren-Auswahl U 18 wurde am 15.10.1986 Europameister mit einem 3:1 Finalsieg gegen Italien.

Bei der Nachwuchs-WM U 20 1987 in Chile belegte die DFV-Vertretung den 3. Platz.
 
Der 1. FC Lok Leipzig erreichte das Europapokalfinale der Pokalsieger und unterlag am 13.05.1987 in Athen Ajax Amsterdam mit 0:1.

Bei der EM U 16 in Spanien 1988 gewann die DFV-Elf nach einem 0:0 das Elfmeterschießen gegen die Vertretung des DFB mit 5:4 und wurde Dritter.

1989 wurde zum ersten und letzten Mal der DFV-Super-Cup ausgespielt. In Cottbus gewann Pokalsieger BFC Dynamo 4:1 über Meister Dynamo Dresden.

Nach dem Mauerfall im November 1989 setzte mit dem ersten Ost-West-Spielertransfer von Andreas Thom (BFC Dynamo) zu Bayer Leverkusen 04 ein verstärkter Transfer von Spielern in die Vereine der alten Bundesländer ein und führte damit zur Verringerung des Leistungsniveaus der betreffenden Vereine im DFV.

DFB und DFV vereinbarten unter Leitung der Präsidenten Dr. Hermann Neuberger und Prof. Dr. Günter Erbach am 10./11.01.1990 in Frankfurt/Main eine Intensivierung des Spielverkehrs von der F-Jugend aufwärts, die Durchführung eines Super-Cup-Turniers beider Meister und Pokalsieger sowie ein Treffen der Auswahl-Mannschaften für den 28.08.1990 in Leipzig, das aus technischen und organisatorischen Gründen nicht durchgeführt werden konnte.

DFV-Präsident Prof. Günter Erbach trat am 10.02.1990 zurück. Günter Schneider wurde vorübergehend Präsident. Dr. Hans-Georg Moldenhauer wurde auf Vorschlag der Bezirksverbände in das Präsidium kooptiert.

Der VIII. DFV-Verbandstag am 31.03.1990 in Strausberg bei Berlin leitete eine grundlegende Reform des Fußballs in der DDR ein. Dazu wurden eine neue Satzung, eine Lizenzspielerordnung, die den schrittweisen Übergang zum Lizenzfußball im DFV regelte, sowie die Grundlinie für das zukünftige Wettspielsystem im DFV beschlossen. Der frühere Torhüter des 1. FC Magdeburg und Auswahlspieler der DDR, Dr. Ing. Hans-Georg Moldenhauer, wurde zum neuen Präsidenten gewählt.

Gewählt wurde erstmalig ein Liga-Ausschuss als verantwortliches Gremium für die Vertretung der Interessen der Lizenz-Vereine.

Beschlossen wurde die Umwandlung des Generalsekretariats in eine Geschäftsstelle für die interne Organisation der Arbeit der Verbandsleitung. Die vom Verbandstag angenommenen Beschlüsse waren ein wichtiger Schritt zur Rechtsangleichung mit dem DFB.

Die Frauen-Auswahl des DFV bestritt am 09.05.1990 ihr einziges Länderspiel gegen die CSSR im Karl-Liebknecht-Stadion in Potsdam-Babelsberg. Sie verlor vor 800 Zuschauern 0:3.
 
Im Hinblick auf den bevorstehenden Einigungsprozess des deutschen Fußballs wurden alle Auswahlteams des DFV bei der FIFA und UEFA aus den internationalen Wettbewerben abgemeldet.

Im Brüsseler Anderlecht-Stadion trat die DDR-Auswahl am 12.09.1990 zu ihrem 293. und letzten Länderspiel an und gewann 2:0 gegen Belgien.

Im Sommer 1990 wurden die sechs neuen Landesverbände gegründet: Thüringer Fußball-Verband, Sächsischer Fußball-Verband, Fußballverband Sachsen-Anhalt, Fußball-Landesverband Brandenburg, Landesfußballverband Mecklenburg-Vorpommern, Berliner Fußball-Verband (Vereinigung mit Ost-Berlin).

Auf einem Außerordentlichen Verbandstag am 20.11.1990 in Leipzig beschloss der DFV seine Auflösung. Damit fand die über 40-jährige Geschichte des DFV im Osten Deutschlands ihren Abschluss. Zum Zeitpunkt seiner Auflösung waren in 4.412 Vereinen mit 17.000 Mannschaften 390.000 Mitglieder organisiert.

Stand 10.04.2001