Aktuelles

Jahrestreffen der ehemaligen DDR-Oberliga-Schiedsrichter 2020

© Haase, NFV

Abwechslungsreiches Jahrestreffen der ehemaligen DDR-Oberliga-Schiedsrichter in Altenburg und Meuselwitz

(Text und Fotos: Marco Haase, NFV. Redigiert: Johannes Fritsch, NOFV)

Als Adolf Prokop (Erfurt) im Jahre 1979 gemeinsam mit Manfred Roßner (Pößneck) das Jahrestreffen der DDR-Oberliga-Schiedsrichter ins Leben rief, da hatte der ehemalige langjährige FIFA-Referee vom BSV Eintracht Sondershausen nicht ahnen können, dass dieses Traditionstreffen wahrer Fußball-Legenden mittlerweile ins fünfte Jahrzehnt geht. Jedes Jahr geht es an einen anderen Ort, jedes Jahr gibt es ein anderes Organisationsteam.

Jedes Jahr steht ein abwechslungsreiches Programm auf dem Plan, bei dem ein Fußballspiel der ehemaligen DDR-Oberliga-Unparteiischen gegen eine örtliche Traditionsmannschaft zu den Höhepunkten zählt.

„In 20 Jahren Oberliga hatte ich gerade einmal sechs Feldverweise – das öffentliche Ansehen der Schiedsrichter, die Achtung und der Respekt waren damals sehr hoch, vielleicht höher als heute.“

Adolf Prokop, der 1969 bis 1989 in der DDR-Oberliga pfiff und von 1974 bis 1989 FIFA-Schiedsrichter war, unter anderem bei den WM 1978 und 1982 sowie den EM 1980 und 1984 zum Einsatz kam und insgesamt 2205 Spiele leitete, zum Thema Fairplay und Respekt.

Engagiert und erfolgreich organisiert von den ehemaligen Oberliga-Unparteiischen Peter Weise (Könitz) und Matthias Müller (Gera), fand das Treffen dieses Mal in Altenburg und Meuselwitz statt.

Zu den Programmpunkten der Zusammenkunft gehörte auch die Fahrt mit der Schmalspurbahn des Meuselwitzer Vereins Kohlebahnen – Lokführer Marvin Meinhardt sorgte für eine sichere Reise seiner prominenten Gäste auf den 15 Kilometern von Meuselwitz nach Haselbach, unter anderem durch das malerische Schnaudertal. So lobte denn Peter Weise stellvertretend für die Reiseschar das ehrenamtliche Engagement der Schmalspurbahn-Enthusiasten.

Zu Gast beim ZFC Meuselwitz

Das Freundschaftsspiel der Schiedsrichter gegen eine Traditionsmannschaft des ZFC Meuselwitz fand auf der Anlage des Regionalligisten unter Flutlicht statt und war ein Highlight des Treffens. Begrüßt wurden die Unparteiischen von ZFC-Präsident Hubert Wolf – und sein Verein zeigte sich vor, während und nach der Partie als blendender Gastgeber, der das Jahrestreffen mit zahlreichen Klubmitgliedern tatkräftig unterstützte.

Im fairen und torreichen Spiel, souverän und manchmal mit einem zwinkernden Auge geleitet von Referee-Urgestein Bernd Wirth, bewiesen die DDR-Oberliga-Schiedsrichter, die von einigen Gast-Schiedsrichtern unterstützt wurden, dass sie nicht nur Spiele leiten, sondern auch gut kicken können. Torwart Wolfgang Schneider (Eisenhüttenstadt) stand Manuel Neuer in nichts nach und rettete manchen Ball, welchen die begeisterten Zuschauer schon drin gesehen hatten.

„Wir haben bei unserem Jahrestreffen immer auch den Nachwuchs im Blick und laden auch jüngere Schiedsrichter ein. Wir Erfahrenen wollen auch Vorbild sein.“

Peter Weise (Könitz)

© Haase, NFV

Karl-Heinz Gläser (Breitungen), Hans-Jürgen Bußardt (Chemnitz) und Reinhard Purz (Berlin) hielten die Abwehr zusammen, ließen Ball und Gegner laufen. Bernd Heynemann (Magdeburg), Günther Habermann (Weißensee) und Peter Weise ließen ihre Technik und ihr Auge für die kontrollierte Offensive erkennen. Und Sandy Hoffmann (Seligenthal) erwies sich als Sturmspitze mit Gerd-Müller-Qualitäten – immer die freien Räume im Blick.

„Die Kameradschaft unter uns Schiedsrichtern war und ist sehr gut. Zudem profitiert jeder Unparteiische durch seine Tätigkeit bei seiner Persönlichkeitsentwicklung. Und: Es hat mir immer großen Spaß gemacht.“

Heinz Rothe (Templin)

Munteres und faires 4:4

Prima integrierten sich auch die beiden Schiedsrichterinnen, Hannah Symalzek (Erfurt) und Nora Dieckmann (Jena), die übrigens frisch in die zweite Frauen-Bundesliga aufgestiegen ist – beide waren Stützpfeiler in der DDR-Oberliga-Mannschaft und sorgten maßgeblich mit dafür, dass es in einer munteren und spannenden Begegnung am Ende 4:4 hieß. Coach Adolf Prokop am Spielfeldrand war genauso zufrieden wie die weiteren Unterstützer am Rande.

„Ich habe Fußball gespielt und wurde von Teamkolleginnen dazu motiviert, einen Schiedsrichter-Lehrgang zu absolvieren.“

Nora Dieckmann (Jena), Schiedsrichterin in der zweiten Bundesliga der Frauen und Herren-Landesklasse.

Taktikbesprechung der Generationen (v.l.: Wolfgang Schneider, Peter Weise, Hannah Symalzek (bisschen verdeckt), Nora Dieckmann, Reinhard Purz, Karl-Heinz Gläser) © Haase, NFV

Unter den Unterstützern: Siegfried Kirschen (Frankfurt/Oder), Klaus-Dieter Stenzel (Forst), Heinz Rothe, Günter Supp (Meiningen), Matthias Müller und Klaus Hagen (Dresden) mit ihren Partnerinnen, die ebenso mitfieberten und engagiert unterstützten. Und auch Holger Fuchs, Geschäftsführer des Nordostdeutschen Fußballverbandes (NOFV) war angesichts der gezeigten Leistungen sehr angetan.

„Ich war kein schlechter Spieler, aber irgendwann hat mir der damalige FIFA-Schiedsrichter Gerhard Kunze gesagt: Werde Schiedsrichter, Du hast Talent."

Siegfried Kirschen (Frankfurt/Oder), als FIFA-Schiedsrichter unter anderem bei den Weltmeisterschaften 1986 und 1990 sowie der EM 1988 im Einsatz – und Spielleiter des Bundesliga-Nordderbys Hamburger SV gegen den FC St. Pauli am 25. November 1990.

Fünf Jahrzehnte Erfahrungen

Auch in der ZFC-Traditionsauswahl liefen bekannte Schiedsrichter auf, so unter anderem Regionalliga-Referee Matthias Lämmchen sowie der Vereins-Schiedsrichter-Obmann und Amateur-Oberliga-Beobachter Michael Kahl. Nach dem Schlusspfiff der munteren Partie ließen es Aktive und Zuschauer in den Räumlichkeiten des ZFC gemütlich ausklingen, analysierten die Partie bei lecker Gegrilltem und Kaltgetränken – und sprachen über aktuelle und vergangene Spiele.

Da gab es eine Menge – war doch hier in Meuselwitz die geballte Erfahrung zu Gast, die zusammen auf gut fünf Jahrzehnte von Einsätzen in der DDR-Liga, DDR-Oberliga, auf FIFA-Ebene und nach der Wende auch in der ersten und zweiten Bundesliga kamen. Adolf Prokop brachte die allgemeine Stimmung – erneute Vorfreude – auf den Punkt: „Wir freuen uns aufs nächste Treffen und das Wiedersehen im Juni 2021 im Eichsfeld.“

Freut sich auf das nächste Wiedersehen: Initiator Adolf Prokop (r.) mit Günther Habermann (l.) © Haase, NFV

„Für meine Persönlichkeitsentwicklung war die Tätigkeit als Unparteiischer sicher sehr gut.“

Reinhard Purz (Berlin)

„Die Tätigkeit hat mir immer ganz großen Spaß gemacht, egal in welcher Spielklasse. Und ich hatte immer sportliche Ziele.“

Günther Habermann (Weißensee), ehemaliger FIFA-Referee, der nach der Wende auch in der Bundesliga zum Einsatz kam. 

„Der Reiz liegt darin, sich jede Woche neu beweisen zu können und eine möglichst gute Leistung zu bringen. Dieser gesunde sportliche Ehrgeiz war für mich immer ein Ansporn. Fürs Geld hat bei uns niemand gepfiffen. Wie die Kampfrichter in anderen Sportarten sind wir gern für 20 Mark Ost losgefahren.“

Matthias Müller (Gera)

„Ich hatte mich am Knie verletzt und durfte keinen Ball mehr treten, aber weiter rennen. Und da dachte ich mir: Die Tätigkeit als Schiedsrichter wäre doch was, so bleibe ich der Sache erhalten. Ich hatte immer einen positiven Sinn für Gerechtigkeit, und auch das Gemeinschaftsgefühl von uns Schiedsrichtern gefällt mir sehr.“

Klaus Hagen (Dresden) 

„Es ist der Reiz, sich zu entwickeln und Spiele gut über die Bühne zu bringen. Ich habe immer von Spiel zu Spiel geschaut, und dankenswerterweise hatte ich auch Unterstützer, die mir gesagt haben: Du hast Potenzial. Und wann man mal einen Fehler macht: Nie den Kopf in den Sack stecken, sondern immer weiter machen und sich neue Ziele stecken.“
„Ich habe in meiner Karriere kein einziges Spiel abgesagt, egal, in welcher Klasse.“

Klaus-Dieter Stenzel, der frühzeitig auch in der Aus- und Fortbildung junger Schiedsrichter tätig war. 1975 in die DDR-Oberliga aufstieg..

Zurück